Untersuchungshaft (U-Haft)

P f l i c h t v e r t e i d i g e r   b u n d e s w e i t

Fachanwälte für Strafrecht


Anwaltskanzlei Schäfer, Schloßstr. 26, 12163 Berlin-Steglitz

030/ 217 55 22 - 0 kanzlei26@gmail.com

UNTERSUCHUNGSHAFT (U-HAFT)

Benennen Sie Rechtsanwalt Schäfer  bzw. Rechtsanwältin Kroll nach vorheriger Rückspra-che mit uns bei der Ermittlungsbehörde (Polizei, Staatsanwaltschaft u.a.) bzw. Gericht als Pflichtverteidiger. Geben Sie dem Gericht nicht die Möglichkeit, einen Verteidiger seiner Wahl auszusuchen. Dies ist dann ein Verteidiger, der das Vertrauen des Gerichts genießt, nicht aber unbedingt Ihr Vertrauen!

Nach der Neuregelung des § 143a StPO gilt für die Beiordnung eines Pflichtverteidigers: Für den Fall, dass Ihnen zur Auswahl des Verteidigers nur eine kurze Frist gesetzt und sodann ein nicht von Ihnen benann-ter Verteidiger beigeordnet wurde, können Sie innerhalb von drei Wochen nach Bekanntmachung der ge-richtlichen Entscheidung über die Bestellung beantragen, dass Ihnen ein anderer von Ihnen bezeichneter Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger bestellt wird. 


Bei einer vorläufigen Festnahme als Beschuldigter 

im Ermittlungsverfahren bzw. Strafverfahren ist Folgendes zu tun:

1. Informieren Sie sofort einen Strafverteidiger

Informieren Sie s o f o r t einen strafrechtlich versierten Verteidiger, der Ihr Vertrauen besitzt und Sie in der Unter-suchungshaftanstalt aufsucht, um mit Ihnen anhand der Strafakten das weitere Vorgehen zu besprechen.

Wird Untersuchungshaft vollzogen, ist dies ein Fall der notwendigen Verteidigung (Pflichtverteidigung). Sie können beantragen und verlangen, dass Ihnen ein Rechtsanwalt Ihrer Wahl als Verteidiger beigeordnet wird. 

2. Machen Sie keine Angaben zur Sache

Machen Sie keine - wirklich überhaupt keine - Angaben zur Sache, ehe Sie nicht mit Ihrem Verteidiger gesprochen haben, egal wie unbegründet oder an den Haaren herbeigezogen Ihnen der Vorwurf oder auch gewisse Teile des Vorwurfes erscheinen.

Nehmen Sie Kontakt zu uns auf

I. Voraussetzungen der Untersuchungshaft

Da zwingende Voraussetzung für die Anordnung der Untersuchungshaft ein Haftbefehl ist, deckt sich die folgende Darstellung teilweise mit den bereits unter dem Link 'Haftbefehl / Festnahme' gemachten Ausführun-gen. Die durch Erlass eines Haftbefehls angeordnete Untersuchungshaft dauert bis zur Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls oder dem Eintritt der Rechtskraft des auf Haftfortdauer und unbedingte Freiheitsstrafe lautenden Urteils an.

Voraussetzung für die Untersuchungshaft ist daher ein rechtmäßiger Haftbefehl. Dessen Voraussetzungen sind:

1. Ein sog. dringender Tatverdacht muss vorliegen; dieser besteht, wenn nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen aufgrund bestimmter Tatsachen die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass eine Person Täter (oder Teilnehmer) einer Straftat ist, so dass mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verurteilung erwartet werden kann. 

2. Die häufigsten Haftgründe sind:

Flucht oder Sich-Verborgen-Halten des Beschuldigten

Bestehen von Fluchtgefahr; sie setzt voraus, dass Umstände vorliegen, nach denen die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschuldigte dem Verfahren entziehen wird, größer ist als die Erwartung, dass er sich ihm stellen wird.

Bestehen von Verdunkelungsgefahr; sie setzt voraus, dass das festgestellte Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen wird oder auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder andere zu solchen Verhalten veranlassen wird und wenn deshalb die Gefahr droht, dass die Wahrheitsermittlung erschwert wird.

3. Die Haftanordnung muss verhältnismäßig sein, d.h. die Gründe für die Untersuchungshaft müssen so schwer wiegen, dass die Nachteile des Haftbefehls für den Freiheitsanspruch des Beschuldigten, der jedem im Grundgesetz garantiert ist, zurücktreten müssen. Umgekehrt formuliert kann im Einzelfall die Haftanordnung dann nicht mehr verhältnismäßig und der Beschuldigte sofort freizulassen sein, wenn sich die Vorwürfe auf Bagatelldelikte oder Taten mit geringem Schaden beziehen. Liegt auch nur eine der Voraussetzungen nicht vor, so ist der Haftbefehl sofort aufzuheben und der Untersuchungsgefangene sofort frei zu lassen; diese Freilassung kann durch die unten beschriebenen Rechtsmittel der Strafprozessordnung erwirkt werden.

II. Erzwingung eines Geständnisses - sog. Beugehaft

Verfahren großen Umfangs, die besonders im Wirtschaftsstrafrecht zu beobachten sind, unterscheiden sich von einfachen Strafverfahren in der Regel durch die Komplexität des - durch die Ermittlungsbehörden - aufzuklärenden Sachverhaltes und in der von der Staatsanwaltschaft behaupteten vermeintlichen Schadenshöhe. Gerade diese vermeintliche - in vielen Fällen nicht konkret belegte - Schadenshöhe veranlasst Ermittlungsrichter dazu, durch eine frühestmögliche Haftanordnung im Zusammenspiel mit der Staatsanwaltschaft die Geständnisbereitschaft zu fördern. Obwohl Untersuchungshaft keine Beugehaft zur Erlangung einer Aussage ist und auch nicht dazu benutzt werden darf, nimmt unter den 'verborgenen', d.h. nicht im Gesetz stehenden Haftgründen die Erzeugung von Geständnisbereitschaft nicht nur nach unseren persönlichen Erfahrungen, sondern auch nach Untersuchungen (Weßlau in "Der Strafverteidiger" 2000, S. 468) den größten Raum ein. In manchem Haftbefehl findet sich recht unverblümt: "Der Beschuldigte hat zum Schuldvorwurf und zum Verbleib des Geldes bisher keine Angaben gemacht. Es besteht der Haftgrund der Verdunklungsgefahr".

Die Gesetzwidrigkeit dieser Haftanordnung, die schlagwortartig 'er / sie sitzt auf Geständnis' beschrieben werden kann, liegt auf der Hand. Weder aus der Verweigerung einer Einlassung noch aus dem Bestreiten der Tat darf, so etwa die Oberlandesgerichte Berlin (Kammergericht), Frankfurt, Hamm, Köln und München Verdunklungsgefahr hergeleitet werden.

III. Rechtsbehelfe im Haftrecht und besondere Anforderungen an die Strafverteidigung

In der Praxis erleben wir es immer wieder, dass Haftbefehle in nicht rechtmäßiger Weise ergangen sind und dann bei der ersten Überprüfung im Rahmen des Haftprüfungstermins oder im Haftbeschwerdeverfahren in sich zusammenbrechen und aufgehoben werden müssen, mit der Folge der sofortigen Freilassung des Festgenommenen. Ein ordnungsgemäßer Haftbefehl, der nicht bei der ersten Haftprüfung aufgehoben wird, muss strengen formellen Voraussetzungen hinsichtlich seines Inhaltes genügen:

Konkreter Tatvorwurf

Der strafrechtliche Vorwurf, der die Untersuchungshaft rechtfertigen soll, muss ähnlich wie in der Anklageschrift konkretisiert sein, allgemeine Vermutungen eines weder örtlich noch zeitlich umrissenen Geschehens reichen dazu nicht aus. Wenn der Antrag der Staatsanwaltschaft diesem Erfordernis nicht entspricht, ist ihr Haftbefehlsantrag abzulehnen. Hat das Gericht den Fehler übernommen, kann der erst im Haftbe-schwerdeverfahren durch den Strafverteidiger gerügt werden.

Begründung der Verhältnismäßigkeit

Trotz der Bedeutung des - in der Verfassung verankerten - Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit findet dieser in der Praxis des Haftrechts nur denkbar geringe Beachtung. Die Verfolgung verfassungsfremder Zwecke durch die Strafverfolgungsbehörden ist dabei evident, wenn man sich die Göttinger Untersuchungen zur Rechtswirklichkeit der Untersuchungshaft vor Augen führt: Danach wird in den untersuchten Haftbefehlen in nur einem Fünftel der Fälle zur Verhältnismäßigkeit überhaupt Stellung genommen; lediglich in 19 % der untersuchten Fälle erfolgte eine ordnungsgemäße Begründung durch den Haftrichter.

Zur sofortigen Hilfe bei unbegründeter Haftanordnung hält das Gesetz eine Reihe von Rechtsbehelfen bereit, wie

Diese Rechtsbehelfe zugunsten des Mandanten nutzbar zu machen, erfordert im diffizilen Rechtsgebiet des Haftrechts Erfahrung, Rechtskenntnis und Fingerspitzengefühl des Verteidigers, um dem Mandanten nicht mit einem unbedachten Schnellschuss mehr zu schaden als zu nutzen.


Fallbeispiele: